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Abhören - und wir tun es doch

Wie war das noch mal? "Abhören unter Freunden geht gar nicht."

Originalton Mutti Merkel. Im Frühjahr, als ruchbar wurde, dass der amerikanische Geheimdienst das Merkel'sche Privathandy abgehört hat, war die Empörung in diesem unserem Lande groß. Unsere Freunde jenseits des Atlantiks hören uns ab! Warum denn nur? Wir gehören schließlich auch zu den Guten. Abhören, also überwachen, das macht man doch nur mit den Bösen, den Feinden, den Russen und den Chinesen.

Wir fühlten uns verraten und unterlegen. Hatten das Gefühl, dass wir mit den wirklich wichtigen Nationen auf der Welt nicht mithalten können. Dass unsere Technik nicht ausreichend gut ist, um andere wirklich effektiv auszuschnüffeln. Kurzum wir sahen uns als Versager im großen "Game of Spies".

Und jetzt wird klar, dass wir das Spionieren doch ganz ordentlich beherrschen, und es auch getan haben. Sogar auf höchster Ebene: Wenn die Informationen in den Medien stimmen, hat der BND in mindestens einem Fall die frühere amerikanische Außenministerin Hillary Clinton abgehört. Na, das ist doch was. Unsere Bundeskanzlerin gegen die amerikanische Außenministerin. Das bedeutet ja wohl Unentschieden.

Dumm nur, dass wir aufgeflogen sind. Ein Mitarbeiter des BND hat nebenbei auch für die CIA gearbeitet. Der wurde jetzt ertappt und hat geplaudert. Seine Entlarvung hat nicht den großen Glamour-Faktor der Flucht des Super-Whistleblowers Edward Snowden, der uns darüber aufklärte, dass die Kanzlerin abgehört worden war. Na ja, was professionelle Enthüllungsinszenierungen angeht, können wir von den Amerikanern durchaus noch einiges lernen. Babelsberg ist halt nicht Hollywood.

Peinlich, peinlich zum zweiten

Aber es wird noch besser: Die deutsche Bundesregierung hat einen Wunschzettel, auf dem all die Länder draufstehen, die der BND auskundschaften soll. Ein Zielgebiet der Observation ist die Türkei. Der NATO-Partner Türkei. Da sich das Diktum der Bundeskanzlerin nur auf „Freunde" bezog, ist klar, dass die Türkei zwar zu den Partnern, aber nicht zu den Freunden zählt.

Gerechtfertigt wird der Schlapphut-Einsatz mit den Aktivitäten der kurdischen PKK oder anderer links- und rechtsextremistische türkischer Gruppen sowie der Drogen- und Schleuserkriminalität. In der Türkei würden kriminelle Aktionen vorbereitet, die eines Tages Deutschland betreffen könnten. Das ist in etwa die Kurzfassung der Spähbegründung. Ganz ähnlich argumentieren übrigens Politiker in den USA, wenn es um die CIA-Tätigkeiten in Deutschland geht: Mohammed Ata und seine Terroristen-Freunde haben jahrelang unerkannt hier gelebt und ihren Anschlag auf das World Trade Center 2001 vorbereitet. Keiner hat irgendwas bemerkt. Und genau das soll den USA nie wieder passieren.

Sieht da irgendeiner – bei genauem Hinsehen – einen echten Unterschied in der Logik?

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