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Angst vor dem Risiko

„Wir leben nicht in der Wissensgesellschaft, sondern in der Gefühlsgesellschaft.“ (Prof. A. Venn)

„Angst ist die Mutter aller Gefühle.“ (Dr. L. Oberascher)

Wenn beide Aussagen stimmen, die bei einer Tagung über Architektur und Farb-Design (also eher „gefühlige“ Lebensbereiche) geäußert wurden, dann leben wir – genau: in der Angstgesellschaft! Und eigentlich würde exakt dieser Terminus „Angstgesellschaft“ die gegenwärtige Stimmung weit besser beschreiben als Risikogesellschaft. Denn Risiken werden aus schierer Angst gegenwärtig komplett vermieden.

Ohne Risiko reich zu werden, dieser uralte Wunsch – so alt wie die Idee vom Schlaraffenland – liegt ja wohl auch der Finanzkrise zugrunde. Warum wurden eigentlich die – wie sich im Nachhinein herausstellt – von vorne herein risikoreichen Subprime-Kredite in den USA mit anderen guten Krediten zusammengepackt? Wussten die Verantwortlichen womöglich von Anfang an, dass diese Finanzkonstruktion schief gehen würde? Hat man versucht, die faulen Kartoffeln unter einer hübschen Schicht von erstklassigen Erdäpfeln zu verstecken? War womöglich den Bankern schon immer klar, dass „Subprime“ nicht Risiko von Verlusten meinte, sondern die Geldvernichtung praktisch von Anfang an Gewissheit war? Hoffnung auf ein Wunder ist allerdings kein professionelles Risikomanagement! Zumindest nicht für Banker.

Wer Menschen oder Unternehmen Geld leiht und zu dem Zeitpunkt schon „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ vermuten muss, dass sie aller Voraussicht nach ihre Schulden nie zurück zahlen werden, geht kein Risiko ein, sondern überschreitet die Grenzen zum Schwachsinn. Wer sich dann noch einen letzten kärglichen Rest gesunden Menschenverstandes bewahrt hat, der sieht zu, dass er solche Kredite schleunigst weiterverkauft! Damit alle anderen an den Verlusten teilhaben können - getreu nach dem Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid!

Das erinnert an das, was der Bauer mit seinem Misthaufen macht: Er verteilt den Stoff breit auf dem Felde. Weniger stinken tut's danach nicht! Aber alle halten sich die Nase zu und hoffen auf einen ordentlichen Regen, der den Odeur hinweg waschen möge.

Im Falle der Finanzkrise kommt der Segen aber nicht von oben, sondern muss als warmer Geldregen von uns allen – den Steuerzahlern – aufgebracht werden. Übrigens mit Krediten finanziert, über deren Risikostruktur gegenwärtig auch niemand etwas sagen kann. Es kann ja gut sein, dass all die Euro-Milliarden für Hypo Real Estate, Banken, Autohersteller und Co nichts anderes sind als die Subprime-Kredite von morgen. Die man nie hätte vergeben dürfen. Siehe oben!

Wir haben Angst vor den harten Entscheidungen der Gegenwart und riskieren damit die Zukunft.

Einen schönen Sonntag im kalendarischen Frühling bei Sommerzeit und winterlichen Temperaturen wünscht Ihnen / Euch
Michael Bross aus Sindlingen

 

 

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