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Alibi-Veranstaltungen

Liebe Freunde und Bekannte,

wer Krimis liest oder im Fernsehen anschaut, der weiß, dass ein Alibi für den Verdächtigen das wichtigste überhaupt ist. Krimis lehren uns aber auch, dass meistens nur diejenigen ein ganz wunderbares Alibi anzubieten wissen, die am meisten zu verbergen haben. Deshalb ist das mit dem Alibi eine zweischneidige Sache.

Die unverschämteste Alibi-Absurdität lieferte in der vergangenen Woche die iranische Vizepräsidentin Sahra Sadschadi. Diese Dame ist Stellvertreterin des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad und bezichtigte die Bundesregierung, den „Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini in Auftrag gegeben zu haben.“ Getreu dem bewährten Motto aller Alibi-Veranstaltungen: Ablenken von den Problemen im eigenen Saustall!

Es war sicherlich keine Glanzleistung deutscher Sicherheitskräfte, dass ein Bewaffneter ein Gerichtsgebäude betreten und eine Frau ermorden konnte. Auf dem Frankfurter Flughafen werden harmlose, im Duty-free an Bord eines Flugzeugs erworbene Parfüm-Flakons und Trinkflaschen von übereifrigen Sicherheitsleuten konfisziert – in Dresden latscht einer mit einem Messer in der Tasche ins Landgericht. Da wird einem mal wieder bewusst, was die umfassenden Sicherheitsversprechen des Staates wert sind!

Das ändert aber nichts an der bigotten Unverschämtheit der Frau Sadschadi. Eine Politikerin eines Landes, in dem ganz offiziell Menschen hingerichtet – also vom Staat getötet – werden, noch dazu in aller Öffentlichkeit und an den Auslegern von Baggern oder Kränen am Halse aufgehängt, sollte einfach ihren Mund halten, wenn anderswo ein schreckliches Verbrechen geschieht. Oder sich als Frauenbeauftragte (!) des Eier-Toller-Regimes in Teheran um die Millionen Frauen im eigenen Lande kümmern, die wegen kleinlicher religiöser Bekleidungsvorschriften von Sittenwächtern kujoniert werden. Da hätte sie weiß Gott genug zu tun.

Alibi zum Zweiten: In der Sahara soll ein riesengroßes Sonnenkraftwerk entstehen. Die Idee dazu ist alt, Ingenieure träumen schon seit Jahrzehnten vom sauberen Strom aus der Wüste. Dann wäre sie endlich auch zu was nutze! Spanien hat so was schon, und es funktioniert sogar.

Noch bevor die ersten Verträge auch nur entworfen, die ersten Zeichnungen angedeutet sind, recken jedoch schon die Bedenkenträger all überall ihre gichtigen Finger empor und röcheln nörgelnde Einwände: Die einen fürchten die Abhängigkeit vom Wohlwollen der Wüstenscheichs; ist das bei Öl und Gas gegenwärtig anders? Die anderen mahnen, nicht die heimische Windkraft zu vernachlässigen. Da wird sofort unterstellt, dass die Großtechnologie als Alibi herhalten soll, um in diesem unserem Lande die Förderung für die Lieblings-Projekte anderer Gruppen zu beschneiden. Und manchen Small-is-beautiful-Kleindenkern ist generell suspekt, dass ein Großprojekt von Großunternehmen und Großbanken gebaut und finanziert werden soll.

Der frühere deutsche Umweltminister und danach oberste globale Klimaschützer, Klaus Töpfer, mahnte sogleich, dass man mit dem Projekt Desertec „nicht in einer Vision stecken bleiben“ dürfe. So weit sind wir schon: Wenn jemand eine großartige – oder vielleicht auch nur große – Idee hat, wird als erstes gewarnt, dass sie vielleicht nicht funktionieren könnte. Auf diese Weise bahnen wir uns den Weg in die Unken-Gesellschaft, die keine Begeisterung mehr zulässt und sich selbst im geistigen Provinzialismus einmauert. Mit dieser Denkweise will man die globalen Zukunftsprobleme der ganzen Menschheit lösen? Wenn das mal keine Alibi-Veranstaltung wird!

Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen / Euch
Michael Bross aus Sindlingen

 

 

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