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Daten-MedUSA

Liebe Freunde und Bekannte,

angesichts des medialen Dauerbombardements mit informationellen Streubomben über die Fortschritte der Porsche-Piech-Familien-Soap, gelegentlich unterbrochen durch Gerüchte-Granaten von der Zockerfront um Opel, könnte man ja schon meinen, die Republik hätte keine anderen Themen mehr. Vielleicht sollten wir dem nun endgültig automobilen Staatsbewußtsein der Deutschen durch eine Neufassung der Nationalhymne Rechnung tragen: „Auto, Auto über alles in der Deutschen Fahrerland …“ wäre ein Vorschlag für den ersten Vers.

Andere Nachrichten verblassen dagegen – obwohl sie langfristig für uns vielleicht eine viel höhere Bedeutung haben werden als all das Gezerre um Kraftfahrzeuge. Da wäre zum Beispiel die Daten-MedUSA.

BRD – das wurde von manchen böswilligen Zeitgenossen früher als „Bananen Republik Deutschland“ interpretiert. Amerikaphobie und der Wunsch nach mehr Eigenständigkeit kamen hier zum Ausdruck; vielleicht war es aber auch nur postpubertärer Unabhängigkeitswahn gepaart mit einem kleinbürgerlichen Aufstand gegen die politische Bedeutungslosigkeit eines Gefolgsstaates. Nach 1990 glaubten alle hierzulande, dass dies nun überwunden sei, endlich durften die Deutschen wieder mit Fug und Recht sagen: „Wir sind wieder wer!“

Mit dem Neuen Deutschen Bewusstsein war es (wie mit der Neuen Deutschen Welle) jedoch nicht so arg weit her. Erstens gefallen uns so manche Zumutungen nicht, die die Welt nun an ein größeres und selbstbewussteres Deutschland zu richten das Recht sich herausnimmt. Als friedfertige Nation von Geschäftemachern wollen wir doch nicht in den Krieg ziehen gegen potentielle Kunden unseres Kriegsgerätes. Panzer und U-Boote verkaufen wir gerne auch an solche Länder, deren demokratische Fundamente in der Wüstensonne wie Wachs dahin schmelzen und deren Verankerung in der freien Welt die Löslichkeit einer Zuckerstange aufweist. Und zweitens stellen wir verblüfft fest, dass wir nach wie vor wie ein Wurmfortsatz an den USA hängen, die uns keineswegs aus ihrem strengen Regime zu entlassen gedenken. Die amerikanische Präsenz ist deutlich weniger offensichtlich geworden – nicht mehr Panzer und GIs zu unserem Schutz „vor den Russen“ machen uns unsere Unterlegenheit bewusst.

Vielmehr spähen nun US-amerikanische Geheimdienste im Kampf gegen den internationalen Terrorismus die Banken-Server aus, die der Abwicklung des internationalen Zahlungsverkehrs dienen. Auch die Vorgänge, die mit den USA nichts zu tun haben, geraten dabei ins Visier der Schlapphüte. Und weil die internationale Banken-Community den Server fürs Europa-Geschäft nun nach Belgien verlegen will, haben die Datenschnüffler gleich ihren Bedarf nach einer Zweigleitung (direkt nach Langley?) angemeldet. Wenigstens fragen sie vorher um Erlaubnis, könnte man wohlmeinend anmerken; in den USA hacken die Staatsspione sich einfach ein.

Von Seiten der EU-Kommission und des Europäischen Rates ist man skandalverdächtig eifrig bemüht, den Diensten jenseits des Atlantiks zu Diensten zu sein. Schon am Montag sollen die Außenminister der EU ein entsprechendes Abkommen billigen, das den Zugriff auf Daten über Geldtransaktionen in Europa erlaubt. Ganz schnell soll das gehen und willfährig, wie Satelliten sich allzeit verhielten, wenn die Zentrale Unterwürfigkeit einforderte: Bananenrepubliken eben! Der einzige Trost für Deutschland ist, dass wir nicht allein sind. Der Rest des „freien“ Europas beugt ebenfalls widerstandslos sein Haupt vor der Daten-MedUSA.

Und manche europäische Staaten sind übrigens gar nicht so abgeneigt, einen solchen Präzedenzfall zu schaffen, hat man den Eindruck. Vielleicht werden sie in der nächsten Runde ja aushandeln, dass die eigenen Behörden auch mal nach schauen dürfen, was die Staatsbürger so an Geldern hin und her schicken. Die schlimmsten Verbrecher sind ja schließlich die Steuerhinterzieher. Das wissen wir seit Al Capone.

Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen / Euch
Michael Bross aus Sindlingen.

 

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