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Söldner des Gemeinwohls

Die Wogen schlagen hoch: Kaufen oder nicht kaufen, lautete die gar gewichtige Frage der Woche. Gemeint ist die brisante CD mit den Daten von deutschen Steuerflüchtlingen.

Der Kauf einer CD mit geklauten Daten von Steuerhinterziehern ist keine Frage der Legalität. Was legal ist, bestimmt sowieso immer die Staatsmacht. Der Kauf ist auch nur am Rande eine Angelegenheit des persönlichen Ansehens. Wer sich mit Hehlern und Denunzianten einlässt, verliert zwar den Glorienschein, ein Gerechter zu sein, dafür erringt er den Ruf eines Tatkräftigen.

Der Kauf einer CD mit gestohlenen, aber wirtschaftlich bedeutenden Daten offenbart jedoch die Grundgesinnung der Machthaber in diesem Staat: Sie sehen sich als Söldner des Gemeinwohls, und den Staat betrachten sie als einen Wirtschaftsbetrieb. 2,5 Millionen Euro für eine Plastikscheibe sind dann eine sehr schlaue Investition, wenn man damit 400 Millionen Euro Einnahmen – oder sollte man sagen: Umsatz – generieren kann. Kein Krämer hat sich jemals eine solche Chance entgehen lassen.

Für die Landsknechte vergangener Epochen war Krieg ein Geschäft und sonst nichts. Der Kompaniechef war kein Krieger, sondern ein Organisator, der dafür sorgen musste, dass seine Einheit mehr Beute machte, als sie verbrauchte. Wenn sich unsere heutigen Staatsmanager diese Haltung zu eigen machen, geht der letzte Zusammenhalt der Gesellschaft als einer Gemeinschaft von Bürgern verloren. Geschäftemacherei wie der CD-Kauf geben ein unmissverständliches Signal an all: Es geht nur noch ums Geld!

Ein Politiker, der so agiert, darf sich aber nicht wundern, wenn er damit einen Beitrag dazu leistet, den Staat langfristig als Kristallisationskern für die Identifikation seiner Mitglieder zu entehren. Heute und morgen mögen ihm die Neidhammel und Selbstgerechten, die Zu-kurz-Gekommenen und Über-Korrekten spröden Beifall zollen. Aber auch bei denen wird sich im Unterbewusstsein das Unbehagen einschleichen, dass dieser Staat nicht mehr von gemeinsamen Werten getragen wird – auch wenn der eine oder andere offen oder insgeheim dagegen verstößt. Wenn der Staat und seine Repräsentanten, die sich doch gerne als Vorbilder begreifen und dafür feiern lassen, Staatsführung nur noch als Geschäft betreiben, dann geben sie damit das Signal dafür, dass irgendwann einmal alles – aber auch wirklich alles – zur Disposition stehen könnte. Auch der Staat selbst?

Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen/Euch
Michael Bross aus Sindlingen

 

 

 

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