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Die Abschaffung des Göttlichen

Die Menschen wollen glauben – aber nicht an einen Gott im Himmel. Ein solcher naiver Kinderglaube wird von fortschrittlichen Intellektuellen unserer Zeit strikt abgelehnt. Mit dem eigenen Selbstverständnis als Individuum, das nach freier ungebundener Selbstentfaltung strebt, lässt sich ein persönlicher Gott, der machtvoll über seinen Geschöpfen thront, nicht vereinen. Der moderne Mensch in der postmaterialistischen Epoche ist Schöpfer seiner eigenen Identität, Herr über sein eigenes Schicksal. Mit Zähnen und Klauen werden die Errungenschaften der Emanzipation gegen Kirche, Gesellschaft und Staat verteidigt. Jegliche Bevormundungen durch althergebrachte Institutionen, die sich auf höhere Werte und Einsichten jenseits des Weltlichen berufen, werden zurückgewiesen.

Die Menschen wollen glauben – aber nicht an einen Gott im Himmel. Ein solcher naiver Kinderglaube wird von fortschrittlichen Intellektuellen unserer Zeit strikt abgelehnt. Mit dem eigenen Selbstverständnis als Individuum, das nach freier ungebundener Selbstentfaltung strebt, lässt sich ein persönlicher Gott, der machtvoll über seinen Geschöpfen thront, nicht vereinen. Der moderne Mensch in der postmaterialistischen Epoche ist Schöpfer seiner eigenen Identität, Herr über sein eigenes Schicksal. Mit Zähnen und Klauen werden die Errungenschaften der Emanzipation gegen Kirche, Gesellschaft und Staat verteidigt. Jegliche Bevormundungen durch althergebrachte Institutionen, die sich auf höhere Werte und Einsichten jenseits des Weltlichen berufen, werden zurückgewiesen.

Aber so ganz glücklich sind viele moderne Menschen mit ihrem so vollständig aufgeklärten Leben dann offenbar doch nicht. Wer sich wirklich und ausschließlich selbst verwirklichen will, wer jede höhere Instanz als die der unpersönlichen Natur und des Zufalls vehement ablehnt, der dürfte nicht nach Anleitung für seine Lebensführung und Hilfe bei weiseren Mächten suchen. Aber: Wie sieht die Realität aus? Nicht nur entstehen laufend neue Organisationen und Vereine, die das tägliche Leben durch Empfehlungen und Katechismen erneut regeln und gestalten. Nun nicht mehr zur Anbetung eines Gottes oder zur Rettung der unsterblichen Seele, sondern zu eher profanen Zwecken. Noch stärker kommt die Sehnsucht nach dem Übersinnlichen in dem weit verbreiteten Hang zur Esoterik zum Ausdruck. Da fabulieren gut ausgebildete Männer und – vor allem – Frauen, die im Beruf erfolgreich da stehen, von übersinnlichen Kräften, die man nutzen könne, um ein erfülltes Leben zu führen. Was ist dies anderes als die Wiedereinführung der Gottesvorstellung ohne einen Gott?

Der Erfolg von Science Fiction Filmen wie Star Wars oder der Zauber-Serie um Harry Potter erklärt sich vielleicht auch aus dem Bedürfnis vieler Menschen nach Hilfe aus der Überwelt. „Die Macht sei mit Dir,“ lautet der Segensspruch der Jedi-Ritter.

Esoterik ist der Versuch, höhere Mächte zu beschreiben und ihre Kräfte nutzbar zu machen, ohne sich einem höheren Wesen unterwerfen zu müssen. Solche universellen Kraftfelder, die durch das Universum wabern, lassen sich von den Eingeweihten erschließen und für die eigenen Zwecke verwenden, sind machtvoll, hilfreich und nützlich, aber sie sind vor allem unpersönlich, willenlos und frei verfügbar. Im Gegensatz dazu hat ein persönlicher, ein personifizierter Gott seinen eigenen Willen, den er durchsetzen will und den wir weder erkennen und noch beeinflussen können. Wir bestimmen unser Schicksal dann nicht selbst, sondern müssen demütig hinnehmen, dass ein anderer in seiner – aus unserer Sicht unverständlichen, deshalb als eine höhere definierten –  Weisheit für uns entscheidet. Das passt dem modernen Menschen nicht. Übermenschliche Energien, die einem mehr Macht und mehr Erfolg verleihen, nehmen wir gerne in Anspruch, auch wenn sie dem strikten Weltbild der vernünftigen, rein materialistischen Aufklärung widersprechen und durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse in keiner Weise abgesichert sind. Aber ein übermenschliches Wesen wollen wir nicht akzeptieren.

Diese Haltung könnte man mit einem Bild verdeutlichen: Wer einen Glauben an einen Gott hegt, der ist wie ein Fahrgast, der in den Bus mit der Endhaltestelle „Glückseeligkeit“ einsteigt und dem Fahrer vollständig vertraut, auch wenn er selbst den Weg nicht kennt. Der Esoteriker dagegen will zwar die übersinnlichen und übermenschlichen Kräfte eines esoterischen Universums als Treibstoff („Pack das Eso in den Tank!“) nutzen, aber selbst im Fahrersitz Platz nehmen und die Richtung bestimmen.  Aufgeklärt und vernünftig ist auch das nicht.

Aber vielleicht ist es eine der typisch menschlichen Eigenschaften, sich immer wieder selbst täuschen zu müssen, damit die Last des täglichen Lebens nicht so ganz ausschließlich auf uns lastet. Ein bisschen überirdische Hilfe können wir doch alle brauchen – oder?

Eine schöne Woche wünscht Ihnen / Euch
Michael Bross aus Sindlingen

  • Erstellt am .