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Kühlschrank unter Denkmalschutz

Liebe Freunde und Bekannte,

in Frankfurt tobt seit einigen Monaten ein Streit um den Umbau der ehemaligen Großmarkthalle in ein Bankgebäude. Die Erben des Architekten streiten sich mit der Europäischen Zentralbank herum, die dort ihr neues Hauptquartier bauen möchte ...

Wenn irgendwas zu nichts mehr Nutze ist - noch nicht ganz kaputt, aber auch nicht mehr so richtig tauglich - stellt sich die grausame Frage: Aufheben oder wegschmeißen? Wenn es sich um Architektur handelt, gibt es noch eine dritte Option, die heißt Denkmalschutz. Unter Denkmalschutz stellt man gemeinhin solche Häuser, in denen keiner mehr wohnen will, die aber allen ans Herz gewachsen sind, weil sie so putzig anmuten. Und uns allen ein idyllisch verklärtes Straßenbild der vermeintlich besseren Vergangenheit vorgaukeln. An Orten, die davon leben, japanische oder amerikanische Touristen in romantische Verzückung nebst nachfolgender Souvenierkauflaune zu versetzen, mag eine Konservierung der Vergangenheit ja ein lohnendes Geschäft sein. Aber gilt so was auch für industrielle Zweckbauten - und seien sie auch technisch noch so genial?

Wenn der Kühlschrank zu Hause nicht mehr kühlt, dann hat er keinen Daseinszweck mehr. Man könnte ihn natürlich als Geldschrank verwenden, denn im Gegensatz zu Obst und Gemüse muss man Scheine und Münzen ja nicht frischhalten. Allerdings wären einige Umbaumaßnahmen erforderlich. Der unerklärliche Schwund bei Kohlrabi und Fenchel hält sich in sehr überschaubaren Grenzen. Bei Geld ist das anders. Ein ordentliches Schloss sollte die Abwanderungsgelüste flüchtiger Münzen begrenzen. Wenn nun aber der Kühlschrank unter Denkmalschutz steht und man partout kein Schloss dranbauen darf? Dann muss entschieden werden, was auf dem beschränkten Platz in der Küche aufgestellt werden kann - Kühlschrank oder Tresor? Wie sich die normale deutsche Hausfrau (oder auch der Hausmann) entscheidet, dürfte klar sein ...

In Frankfurt steht am Rande des Ostends die ehemalige Großmarkthalle. Dieser Gemüsebunker wurde vor ein paar Jahren geräumt und gammelt seitdem denkmalgeschützt vor sich hin. Nun hat sich ein Interessent gefunden, der das staatlich subventionierte Dornröschen-Dasein beenden möchte. Die Europäische Zentralbank. Die will da natürlich keine Kohlköpfe kühlen, eher Hohl... - aber das ist ein anderes Thema. Das Verhältnis zwischen Markthalle und Bankbüro dürfte ähnlich sein wie das zwischen Kühl- und Panzerschrank. Ganz ohne Umbau geht die Umnutzung also nicht. Und wenn jetzt auf einmal die Erben des Architekten erscheinen und den Erhalt des Monumentes in seiner reinen (kühlenden) Form fordern, möchte man ihnen zurufen: Dann kauft das Ding und kümmert Euch doch selber drum! Wer braucht schon eine Markthalle, in der kein Markt mehr stattfindet? Und wenn einer kommt, der das Ungetüm umbauen und sinnvoll verwenden will, dann sollte man ihm gewisslich keine Steine in den Weg rollen - oder Betonblöcke, das wäre hier ja wohl treffender.

Eine Alternative gäbe es noch: Der Vorschlag stammt von Rudi Arndt und betraf die Ruine der Alten Oper in Frankfurt. Die Idee wurde nicht weiter verfolgt, brachte dem späteren Frankfurter Oberbürgermeister aber den Spitznamen "Dynamit-Rudi" ein.

Einen schönen Tag wünscht Ihnen/Euch
Michael Bross aus Sindlingen

Copyright Michael Bross 2007

 

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