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Emporkömmling

Der 1. Mai bedeutet in Frankfurt Verkehrschaos in der ganzen Stadt und Begeisterung der Massen. Es ist Radrennen rund um den Henninger Turm. Doch, halt: Henninger ist nur noch eine traurige Erinnerung an vergessene Zeiten (und ein bisschen Marketing!). Und der Henninger Turm ist eine öde Halbruine, die verlassen auf einer Brachfläche auf neue, glorreiche Zeiten in angenehmer Gesellschaft schöner Häuser hofft.

Das Radrennen heißt neuerdings: Rennen um den Finanzplatz - Achtung jetzt kommt's: ESCHBORN-FRANKFURT!

Rennen um den Finanzplatz? Das allein ist schon krass! Der Finanzplatz ist – wie jeder Finanzplatz – heutzutage zu 90 Prozent virtuell und hat mit Frankfurt nichts zu tun.

Der Gipfel aber ist die Reihenfolge der namensgebenden Orte! Eschborn- Frankfurt. Wenn mich nicht alles trügt, steht normalerweise vorne dran der Hauptort und hinten der Stadtteil. Soweit ist es also schon gekommen, zumindest in der internationalen Finanzwelt: Die einstmals stolze Freie Reichsstadt Frankfurt wird übernommen von einem Kaff, das vor ein paar Jahrzehnten nur Bauern und die Musterungsstelle des Kreiswehrersatzamtes beherbergte.

Was ist eigentlich Eschborn? Man sieht eine Anhäufung von Hochhäusern am Stadtrand von Frankfurt, einen Suburb der Metropole, der sich der fälligen Eingemeindung bislang clever zu entziehen wusste. Wie alle Schlaumeier und Geschäftemacher, die vom (guten) Ruf anderer schmarotzen, hat das was Schäbiges, fast schon Leichenfledderisches. Und wie jedem Emporkömmling geht auch in diesem Fall dem Usurpator jegliche Bescheidenheit ab: Eschborn-Frankfurt! Manche nennen das Entwicklung, andere sogar Fortschritt. Man kann so was nicht aufhalten. Ich meine aber, man sollte zumindest ehrlich aussprechen: Hier wedelt jetzt der Schwanz mit dem Hund.

Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen / Euch
Michael Bross aus Sindlingen.

 

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