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Freie Fahrt für freie Bürger

In Fußgängerzonen realisieren manche Radfahrer genau die Lebensweise der „Freien Fahrt für freie Bürger" in der Variante ohne Benzindämpfe und PS. Besonders perfide wirkt die vermeintlich ökologisch korrekte Raserei dann, wenn die, die lautstark gegen den Geschwindigkeitsrausch auf der Autobahn wettern, selbst hemmungslos durch die Fußgängerzone brettern. Umweltfreundlich mag diese Form des Ortswechsels ja sein, Nerven schonend für die Fußgänger ist sie nicht. Und diese Form der Treibjagd zeugt allemal nicht von gutem Benehmen und zivilisierten Manieren.

Zumal eben Fußgängerzonen doch in fast schon vergessener Vorzeit eingerichtet wurden, um den Bürgern ein müßig Schlendern ohne die Pflicht steter Aufmerksamkeit im öffentlichen Verkehre zu ermöglichen. Damit der Fußgänger nicht länger der Gefahr ausgesetzt sei, laufend unter die Räder zu kommen, wurden diese Straßenräume den Autofahrern abgerungen – gegen lautes Wehklagen und wütenden Protest. Mittlerweile sind die Kraftfahrzeuge fast schon wieder natürliche Verbündete der Fußgänger. Bei Autos weiß man wenigsten, aus welcher Richtung sie kommen und wo sie – kaum zu überhören – entlang brausen. Sie verlassen eher selten ihre geteerten Schneisen. Nur in amerikanischen Krimis rasen von flüchtenden Bankräubern gesteuerte Automobile unentwegt über Gehwege und durch Vorgärten.

Bei Fahrrädern muss man allerdings auch hierzulande mit allem rechnen ...

Vor einigen Monaten konnte man in Frankfurt die spannende Frage lesen: Würde Goethe Rad fahren? Diese Provokation ward mit viel weißer Farbe auf die Radwege in der Frankfurter Innenstadt gepinselt. Auf dem Gehweg stehend und artig auf die Grünphase der Fußgängerampel wartend, grübelte ich im Herbst 2010 weniger darüber, was der Geheimrat wohl getan hätte. Interessanter war die Antwort auf die bange Frage, welcher farbenblinde Radfahrer mich gleich über den Fußgängerüberweg hetzen würde!

Apropos Goethe: Der Dichterfürst wäre wohl eher nicht mit dem Fahrrad gefahren. Womöglich hätte er sich darüber Gedanken gemacht, was einen erwachsenen Menschen zu so einer törichten Form der Fortbewegung verführen könnte. Aber er hätte gewiss weiterhin die bequeme Kutsche für den Ortswechsel oder einen gemächlichen Spaziergang für die gepflegte Konversation im Freien vorgezogen.

Gegenwärtig kann man die Vorzüge von schlechtem Wetter genießen: Schnee und Eisglätte halten die Radfahrer besser im Zaum als jegliche Straßenverkehrsordnung.

Einen schönen, Fahrrad freien Sonntag wünscht Ihnen / Euch
Michael Bross aus Sindlingen

 

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