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Insel der Unglücklichen

Kennen Sie das Computer-Spiel „Anno 1701"? Mit einem kleinen Schiff fährt man durch eine Inselwelt, sucht sich ein Eiland aus und gründet da eine Stadt. Als Stadtoberhaupt ist der Spieler dann dafür verantwortlich, dass sich die Bewohner wohl fühlen und die Siedlung gedeiht. Zustimmung oder Ablehnung teilen die Bürger aber nicht nur alle vier Jahre in Wahlen mit, sondern tagtäglich. Ein kleines Icon zeigt, wie fröhlich die Insulaner sind.

Eine untrügliche Methode, die Mundwinkel der Bürger nach unten zu treiben, ist es, die Steuern zu erhöhen. Kurzfristig steigen in dem Spiel zwar auch die Einnahmen des Stadtherrn, wenn er an der Steuerschraube dreht. Aber nur wenig später gehen die Einnahmen drastisch zurück, denn die Bürger verschwinden einfach.

Im wahren Leben ist das nicht viel anders: die Stadt Frankfurt hat ein erhebliches Einnahmedefizit. In diesem Jahr werden etwa 271 Millionen € in der Stadtkasse fehlen. Von vielen Stadtverordneten und alle linken Parteien kommt nun der gut gemeinte Ratschlag, doch die Steuern und Abgaben zu erhöhen. Ob sich durch Erhöhung der Gewerbesteuer – darum geht es im Wesentlichen bei der Diskussion – wirklich 271 Millionen € einnehmen lassen, sei mal dahingestellt, erscheint aber zweifelhaft. Und selbst wenn es gelingen sollte, wäre dies keine nachhaltige Lösung für die Zukunft. Eine Großstadt kann nicht jedes Mal, wenn der Kämmerer ein Finanzloch im Stadtsäckel entdeckt, die Steuern erhöhen. Verlässliche Politik sieht anders aus.

Rein rechnerisch geht übrigens etwa die Hälfte des Fehlbetrags der Stadt Frankfurt (nämlich circa 120 Millionen €) auf das Konto der Verlagerung on Teilen der Deutschen Börse AG nach Eschborn. Was sollte andere Firmen davon abhalten, ebenfalls aus der teuren Stadt Frankfurt zu flüchten und sich im billigeren Umland anzusiedeln? Gewiss: Verlagerungen sind aufwändig. Aber sie sind nicht so teuer, dass sie völlig ausgeschlossen wären und die Stadt Frankfurt bei ihrer Steuer- und Gebührenpolitik Narrenfreiheit hätte.

Es bleibt als Ausweg: Die Aufwendungen der Stadt müssen deutlich sinken, damit langfristig eine Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben erreicht wird. Nachhaltig zu wirtschaften würde für eine Stadt wie Frankfurt bedeuten, die Angebote und die Ausgaben in Einklang zu bringen mit den Einnahmen. Und das Ganze wäre so auszutarieren, dass es auch langfristig tragfähig bleibt. Davon ist der städtische Etat, den Kämmerer Becker vorgelegt hat, noch weit entfernt.

Als einziges alternatives Szenario bietet sich nur jener Canossa-Gang an, den in der Vergangenheit andere klamme Kommunen beschritten. Frankfurt lässt sich eingemeinden! Hier böte der Sport eine geeignete Vorlage: Das Radrennen, das am 1. Mai stattfindet, heißt seit ein paar Jahren "Rennen um den Finanzplatz ESCHBORN-FRANKFURT"! Wenn Eschborn schon unser Radrennen hat und auch einen Gutteil unserer Deutschen Börse – warum geben wir ihnen nicht auch die Schulden der Stadt?

Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen/Euch
Michael Bross aus Sindlingen

 

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