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Obrigkeitliche Aneignungsmentalität

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin hat unlängst die Kosten eines möglichen Familiensplittings in Deutschland auf Beträge zwischen 1,5 und 13 Milliarden € geschätzt. Mal abgesehen von der fragwürdigen Sinnhaftigkeit all dieser Fördermaßnahmen finde ich die Wortwahl entlarvend: Familien bedeuten Kosten für den Staat! Bisher dachte ich immer, es sei umgekehrt. Bürokratie und staatliche Einrichtungen verursachen Kosten, die die Bürger tragen müssen, weil sie die Dienstleistungen des Staates – äußere Sicherheit, Rechtspflege, Ordnung im Inneren, Bildung, Kindergärten etc. – nutzen möchten. Eigentlich müsste doch ich als Bürger die Wahl haben, was ich mir meinen Staat kosten lassen will. Die Realität gestaltet sich offenbar anders: Die Aneignungsmentalität, die aus der Wortwahl "Kosten für den Staat" spricht, ist dreist. Sie unterstellt nämlich implizit, dass dem Staat die Ergebnisse meiner Arbeit zustünden, was anmaßend feudalistisch erscheint.

Wenn Familien übrigens in erster Linie Kostenträger sind, wäre es nur konsequent, sie gänzlich abzuschaffen. In der Wirtschaft funktioniert das. Wenn die Kosten zu hoch sind, werden die entsprechenden Kostenträger "freigesetzt".

Das Finanzamt redet überall mit

Auch im Kleinen werden die Bürokraten immer dreister: Vereine gelten in Deutschland bekanntlich als die Stütze der Bürgergesellschaft. Freie Menschen tun sich zusammen, um gemeinsam zu musizieren, Sport zu treiben, die Kultur zu pflegen oder was man auch immer sonst so im Verein veranstalten kann. Die Bedingungen für die Gründung eines Vereines sind hoch, das Vereinsrecht ausgesprochen kompliziert.

Trotzdem fangen die Finanzämter jetzt an, auch bei den Vereinen, insbesondere wenn sie gemeinnützig sind, rein zu reden. In dem (vielleicht sogar verständlichen) Wunsch, genau zu überprüfen, ob die Vereinsmeier beim Geld alles richtig machen, maßen sich die Bürokraten beim Finanzamt an, zu beurteilen, was die Bürger inhaltlich im Verein machen dürfen und was sie denn wollen sollen.

Vor allem die kleinen Vereine sind natürlich darauf angewiesen, sich bei lokalen Veranstaltungen ein paar Euro dazu zu verdienen. Schließlich kann man nicht alles aus den Mitgliedsbeiträgen finanzieren. Für die Vereinsjugend ist so ein Stand beim Stadtteilfest außerdem eine schöne Übung, zu erfahren, dass sich der Einsatz beim Würstchengrillen in barer Münze für die Vereinskasse niederschlägt. Für das Finanzamt aber sind solche Aktivitäten ein gefundenes Einfallstor, um im Modus des allumfassenden Kontroll- und Genehmigungswahns in der Bürgergesellschaft herumzuschnüffeln.

Wenn Bürger etwas für andere Bürger veranstalten, dann wollen sie da in der Regel die Staatsmacht gerade nicht dabeihaben. Und oft genug müssen die Bürger auch einspringen, wenn der Staat versagt. Die Stadt Frankfurt beispielsweise zieht sich aus dem Betrieb der Stadtteil-Bibliotheken zurück. Die Bürger wollen das jetzt selber machen. Dazu brauchen sie einen Verein. Und genau da will das Finanzamt schon wieder mitreden.

Als außenstehenden Bürger beschleicht einen manchmal das befremdliche Gefühl, dass der rechte Amtmann nicht weiß, was der linke Bürokrat tut. Oder schlimmer noch: dass sie es auch gar nicht wissen wollen, damit den Bürgern überall Betonklötze in den Weg gerollt werden können auf dem Weg zum bürgerlichen Engagement.
Als liberal gesonnener Mensch kann ich den Bürohengsten, Bürostuten und Bürowallachen in den Amtsstuben nur zurufen: Lasst mich in Ruhe! Ich weiß am besten, was gut für mich ist und was ich brauche.

Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen / Euch
Michael Bross aus Sindlingen

 

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