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Absolutistische Gefühlspolitik

Soweit ist es schon gekommen: Jetzt müssen wir  in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine MESSAGE TO THE GERMAN PEOPLE lesen. Ein gewisser Herr Demetri Marchessini, der sein Geld mit Schiffen und später im Finanzsektor verdient hat, schickt uns aus London seine Einschätzung der Gefühlslage von Frau Merkel. Und wie er die Griechenland-Angelegenheit einschätzt. Per Anzeige. In perfektem Englisch. Konservative Bildungsbürger erreicht er damit zwar nicht. Freunden des antiken Griechenlands – also Altphilologen und Humanisten klassischen Zuschnitts – müsste er in Alt-Griechisch schreiben. Alle anderen, die sich mehr mit der Gegenwart befassen, wissen ohnehin, dass das Land pleite ist.

Entlarvend für die Außenansicht der deutschen Regierung war aber der Schlusssatz des Herrn  Marchessini: „Perhaps Germany should have a leader who will use their brains instead of their emotions.“ Und da hat er so ganz unrecht nicht. Zuviel Politik in Deutschland wird auf der Basis von Stimmung und Gefühl gemacht.

Absolutistische Gefühlspolitik

Gefühlspolitik mag auf den ersten Blick ganz sympathisch sein. Sie hat jedoch einige gravierende Nachteile. Unsere Regierung unter Frau Merkel begibt sich mit ihrer Politik des Appeasements allenthalben in die Geiselhaft der Märkte, die sie damit doch so gerne beherrschen möchte. Um die Finanzmärkte nicht zu irritieren, wird es vermieden, Griechenland über die Wupper gehen zu lassen. Aber in die Geiselhaft von Finanzmärkten müssen sich Politiker nur begeben, weil sie Schulden machen ohne Sinn und Verstand. Stärke kann nur der beweisen, der unabhängig und selbständig agieren kann.

Um die Meinungsmärkte nicht zu verstimmen, wird kein Klartext geredet. Denn Zuspruch und Unterstützung der Meinungsmacher braucht die Regierung, um ihre schwache politische Performance noch bejubeln zu lassen. Zweifel, womöglich gar Selbstzweifel, passen nicht zum vorgeblich so notwendigen Bild der Stärke. Und den Meinungsmachern liefert sich aus, wer durch schnelllebige PR-Aktionen an die Macht kommen will, statt eine solide Basis aufzubauen. Wer auf einem Teppich von PR-Blasen nach oben getragen wird, muss ständig weiter Schaum schlagen und sich mit den anderen Schaumschlägern gut stellen. Politik ist aber auch im Zeitalter des Internets nicht völlig virtuell und keine reine Nutzung von Hypes!

Dabei wäre ein bisschen Nachdenklichkeit vielleicht gar nicht das falsche Signal der Politik an Wähler, Medien und Märkte. Aber dazu bräuchte es wahre Größe, die Frau Merkel abgeht. Mehr und mehr regiert sie absolutistisch, selbstherrlich und egomanisch. Selbst ihre eigenen Parteisoldaten kommen da wohl kaum noch mit. Kurt Biedenkopf warf der CDU-Vorsitzenden in einem Zeit-Artikel vor, die Kernkraft-Debatte hierzulande auf der Basis ihres persönlichen Gesinnungswandels umgedreht zu haben, ohne die Partei bei der Kehrtwende mitzunehmen. Da muss Frau Merkel achtgeben: Wer zu viele Kehrtwenden hintereinander absolviert, wird schnell zum Wendehals. Und wer sich zu rasch dreht, verliert jede Orientierung.

Und noch eine Warnung sei angebracht: Das von Gefühlen gesteuerte Handeln der Bundesregierung wird uns häufig als alternativlos vorgesetzt. Das ist nichts anderes als die absolutistische Herrschaft des Sachzwangs. In der französischen Revolution wurde der Absolutismus von den Fallbeilen des jakobinischen Terrors auf den Abfallhaufen der Geschichte gekegelt. Man sollte also gewarnt sein, in Berlin! Eine erste Gegenbewegung aufs Durchregieren zeigt sich im Erscheinen des Wutbürgers, siehe Stuttgart 21! Und irgendwann wird sich sein Zorn über die Krisen- und Hilfsfonds für alle Welt entladen. Die Wut von unten wäre dann die Antwort auf die unvernünftige Gefühlspolitik von oben.

Einen gefühlvollen Sonntag wünscht Ihnen / Euch
Michael Bross aus Sindlingen

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