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Rundfunk-Zwangssolidarität

Das neue Modell der Rundfunkgebühren in Deutschland verlangt seit dem 1. Januar 2013 von jedem Haushalt eine Einheitsgebühr. Unabhängig davon, wie viele Geräte man besitzt, muss man zahlen. Was für viele Menschen auf den ersten Blick als Vereinfachung erscheint, ist bei näherem Hinschauen wieder eins dieser pseudo-solidarischen Zwangsinstrumente zur Finanzierung von nicht bestellten, in ihrem Umfang den meisten Menschen unbekannten Leistungen. Es muss nämlich jeder zahlen, auch der, der weder Rundfunk, Fernsehen oder Internet nutzt.

Die WDR-Intendantin, Monika Piel, hat das so begründet: Man zahlt ausschließlich dafür, dass man die Option hat, Rundfunk, Fernsehen und Internet nutzen zu können. Für Kinderspielplätze zahle ja übrigens auch jeder, auch der, der keine Kinder habe. Das Kinderspielplatz-Beispiel ist emotional griffig und deshalb gut gewählt, denn kaum jemanden missgönnt Kindern ihre Spielmöglichkeiten.

Aber die prinzipielle Frage, ob ich für Dinge zahlen muss, nur weil ich sie nutzen könnte, ist damit nicht entschieden. Normalerweise zahle ich für die Nutzung und nicht für die Möglichkeit der Nutzung. Sonst könnten demnächst schlaue Restaurantbesitzer auf die Idee kommen, eine Gaststättenabgabe zu fordern – schließlich könnten die Gäste ja zum Essen kommen.

Was passiert eigentlich, wenn jemand aufgrund seiner religiösen Einstellung Fernsehen, Radio und Internet für Teufelszeug hält und für sich die Religionsfreiheit in Anspruch nimmt, diese Dinge nicht zu verwenden und vor allen Dingen nicht finanzieren zu müssen? Wie würde wohl das Bundesverfassungsgericht in einem solchen Fall entscheiden? Vielleicht werden wir das erfahren.

Im Moment sieht es aber so aus, dass eine Behörde (nämlich die GEZ) wieder einmal damit durchgekommen ist, den Bürgern Zwangssolidarität zu verordnen, auch da, wo es eigentlich überhaupt nicht zulässig ist und nicht notwendig wäre. Aber die Tendenz, die Finanzierung jeglicher lieb gewordenen Institution zu einer Frage des Gemeinwohls zu stilisieren und sich damit der Verantwortung zu entziehen, exakt zu begründen, wer, warum, weshalb von dieser vermeintlichen Gemeinschaftsaufgabe profitiert und deshalb dafür zur Kasse gebeten werden soll, ist weit verbreitet. Das ist eine modische Form von intellektueller Bequemlichkeit, die sehr rasch zu politischer Unredlichkeit ausartet und in Wählertäuschung endet.

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