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Bloß keine Gerechtigkeit!

Der Bundestagswahlkampf 2013 wird von einer Gerechtigkeitsdebatte bestimmt werden. Soviel kann man heute vorhersagen.

Dabei ist auch schon klar, dass insbesondere die Sozialdemokraten und andere „Sozialisten“ diese Debatte gegen die Interessen der Mittelschicht und des Mittelstands führen werden. Sie werden das nicht explizit so beabsichtigen, und sie werden es auch niemals zugeben. Aber der Aufbau ihrer Argumentation lässt kein anderes Ergebnis zu.

Gerecht wäre, wenn jeder das erhält, was ihm zusteht. Ein Satz wie: "Ich esse, was ich bezahle, und ich bezahle, was ich esse!" ist zutiefst gerecht. Auch das biblische "Auge um Auge, Zahn um Zahn" spiegelt eine sehr brutale, aber eben auch sehr gerechte Sicht wider. Gerecht ist es, Gleiches gleich zu behandeln. Und Ungleiches ungleich. Aber genau das geschieht nicht. Vielmehr wechseln die Sozialutopisten ihre Kriterien, was als gerecht anzusehen ist, innerhalb eines Satzes und jedenfalls innerhalb derselben Diskussion.

Wenn überhöhte Managergehälter als ungerecht gegeißelt werden, ist das leitende Prinzip dabei nichts anderes als der Neid. Verständlich, aber nicht gerecht. Wenn dann – mit Blick auf das untere Ende der sozialen Leiter – darauf hingewiesen wird, dass viele Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können (oder überhaupt ganz arm wären), dann geht es dabei ebenfalls nicht um Gerechtigkeit, sondern uns treibt das Mitleid. Und die Frage, ob es denn gerecht ist, dass die in der Mitte alles bezahlen, wird überhaupt nicht gestellt.

Man muss schon einmal die unbequeme Systemfrage stellen dürfen: Was wäre denn, wenn die ganz oben zu Recht reich und die ganz unten zu Recht arm sind? Wenn alle Gerechtigkeitskriterien, die man sinnvollerweise für eine Gesamtgesellschaft formulieren und anwenden kann, genau dazu führen, dass bestimmte Leute reich und andere eben arm werden? Das ist ungleich, aber ist es auch ungerecht?

Es gibt schöne Menschen, denen alles zu fliegt: Sympathie, Liebe, Sex – was immer sie wollen. Und andere sind schrecklich hässlich und leiden darunter. Ist das gerecht? Müssten sich nicht alle einer Anwendung plastischer Chirurgie unterziehen, damit alle gleich gut aussehen? Wo hört man mit der Gerechtigkeitsforderung auf?

Gerechtigkeit wurde früher gefordert, um willkürliche Urteile von Despoten abzuwehren. Nach Gerechtigkeit haben diejenigen gerufen, die ständig darunter litten, dass die Regeln und Kriterien zu ihren Lasten verändert wurden. Oder Gesetze nicht eingehalten wurden, weil sich eben ein Adeliger, Kaiser, König oder Fürst einfach nahm, was ihm gefiel. Diese Form von Gerechtigkeit – Normen und Gesetze gelten für alle ohne Ansehen der Person – haben wir durch den Rechtsstaat verwirklicht. Er billigt allen zu, was ihnen nach vorab bekannten und allgemein akzeptierten Gesetzen zusteht.

Wo allerdings Gerechtigkeit nur noch definiert wird durch Neid, Missgunst, Mitleid oder schlechtes Gewissen, da kann ein Rechtsstaat kaum gedeihen und eine Gesellschaft keinen Erfolg haben. Und diese Diskussion müssen wir wieder einmal führen in Deutschland. Vielleicht ist der Bundestagswahlkampf 2013 die richtige Zeit dafür.

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