Skip to main content

Alternativlosigkeit statt Wettbewerb

Der Wettbewerb wird für jede Scheußlichkeit auf der Welt und für jeden Fehler verantwortlich gemacht – der Wettbewerb. Manchmal wird er auch als Allheilmittel gepriesen. Logisch ist das alles nicht.


Die Krise in Europa treibt schon drollige Blüten. Da predigen Politiker, wenn sie über die Zukunft Europas reden, dass die Wettbewerbsfähigkeit des alten Kontinents gegenüber China, Indien und anderen Schwellenländern gesteigert werden müsse. Zweifelsohne richtig. Wer morgen noch Güter und Dienstleistungen auf dem Weltmarkt zum Tausch anbieten möchte, muss seinen Kopf und seine Hände anstrengen und sich auf einen Wettlauf mit anderen, aufstrebenden Gesellschaften einlassen.
Zugleich klagen dieselben Politiker – manchmal sind es auch ihre Parteifreunde – darüber, dass in Europa ein unfairer Wettbewerb zwischen den Mitgliedern der EU bestünde, den es dringend abzustellen gelte. Mindeststeuer-Sätze und andere Instrumente, die der Vereinheitlichung der Wirtschaftsbedingungen innerhalb der EU dienen sollen, werden als Rezepte gegen Wachstumsschwäche und Staatsschuldenkrise gepriesen.
Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, wie ein Staaten-Verbund, der im Innern jeglichen Wettbewerb zwischen seinen Mitgliedern ausschalten will, nach außen wettbewerbsfähig sein soll? Wettbewerb bedeutet notwendigerweise, sich mit dem Erfolg anderer messen zu müssen. Das bedeutet auch, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob andere nicht etwas besser machen! Und das würde zu der nächsten Frage überleiten: gibt es möglicherweise Alternativen? Und diese Frage müsste man nicht nur mit Blick auf das ferne China stellen. Sondern jede Gesellschaft muss im Nahbereich der EU umschauen. Aber das wollen die Dinosaurier der Selbstgefälligkeit in deutschen Ministerbüros und Amtsstuben nicht hören.
Und hier enthüllt sich des Pudels wahrer Kern. Da Alternativlosigkeit schon vor einigen Jahren zum politischen Ideal verklärt wurde, kann man die Auseinandersetzung mit Alternativen nur dadurch vermeiden, dass man jeden Wettbewerb und somit die alternativen Lösungsmöglichkeiten, die er möglicherweise produziert, abwürgt.
Kein Wettbewerb – keine Alternative; so die kurze Formel der modernen Politik.
Und Ausschaltung des Wettbewerbs gilt schon für den Gedankenwettstreit. Wenn der erst mal beseitigt ist, wenn also niemand mehr Alternativen denkt, dann hat die Alternativlosigkeit endgültig gewonnen.

 

  • Erstellt am .