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Wenig Nachfrage nach Fortschritt

Freiheit wird heutzutage gerne missverstanden als die Freiheit von jeglicher Verpflichtung, anderen Menschen etwas Nützliches anbieten zu müssen, wofür die dann eine Kompensation in Form von Geld geben. Ein wenig pubertär angehaucht kommt sie schon daher, die neue Freiheit als „Freiheit vom Markt" – wie es der Historiker Paul Nolte bezeichnete – statt „der Freiheit, am Markt" ausprobieren zu dürfen, was Erfolg verspricht.


Überhaupt scheint, wer Erfolg hat, eine Beleidigung für alle Gutmenschen darzustellen, schließlich hat er sich im Wettbewerb gegen andere durchgesetzt. Und Wettbewerb – der ist unserer auf Harmonie und Konsens bedachten Volksseele ach so ungeliebt. Dabei ist Konkurrenz das Treibmittel jedes Fortschritts. Joseph Schumpeter beschrieb das für die wirtschaftliche Entwicklung, aber es gilt für jede gesellschaftliche Neuerung. Streit in der Wissenschaft, Debatten in der Politik, Buhlen um die Publikumsgunst im Kulturbetrieb, selbst der Wettkampf im Sport – Neues oder Besseres kann nur entstehen in einem Klima der Offenheit, wo Ideen, Erfindergeist, Talent, Fleiß und Risikobereitschaft gefragt sind und belohnt werden. Nur wenn Menschen ihren Mitmenschen etwas Neues, Schönes, Überraschendes vorstellen und anbieten, entwickelt sich die Welt weiter.
Von der Nachfrage gehen solche Impulse eher nicht aus. Egal ob wir die Druckerpresse, den Rundfunk oder das Internet betrachten: Kaum ein normaler Bürger in seiner Rolle als Verbraucher wusste, was ihm da fehlte, was er also hätte nachfragen sollen, bevor nicht erfinderische Leute das neue Produkt auf den Markt brachten. Nicht alles, was angeboten wird, ist auch erfolgreich. Mangelnde Nachfrage kann ein überflüssiges Angebot zum Verschwinden bringen; aber noch so viel Nachfrage nach „irgendwas" kann kein grundlegend neues Produkt entstehen lassen. Was heute nicht erfunden wird, können wir morgen nicht nachfragen. Egal auf welchem Markt ...

 

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